Wachstumsriese sucht neuen Steuermann

Die 750 Partner der Boston Consulting Group (BCG) wählen derzeit einen neuen Mann an ihrer Spitze. Nach drei Amtsperioden hinterlässt der bisherige BCG-Weltchef Hans-Paul Bürkner ein Beratungshaus, das ökonomisch blendend dasteht. Unter dem harten Vertriebs- und Wachstumskurs des Ostfriesen jedoch habe die Firmenkultur schwer gelitten, schreibt die WirtschaftsWoche.

Für Jungconsultants, die noch keine Vertriebsverantwortung spüren, bietet BCG fast paradiesische Bedingungen. Denn je dynamischer ein Beratungshaus wächst, desto mehr Karrierechancen ergeben sich in der Pyramide, die nach dem Up-or-Out-Prinzip funktioniert. Und gewachsen ist das Unternehmen unter Bürkners Ägide deutlich - zwischen 2004 und 2010 hat sich der Umsatz von 1,5 Milliarden auf knapp 3,6 Milliarden US-Dollar mehr als verdoppelt. Sollte der Bürkner-Nachfolger an der bisherigen Vertriebsstrategie festhalten, dürfte das Ende der Fahnenstange auch noch längst nicht erreicht sein. Doch genau dieser harte Vertriebskurs ist innerhalb der Partnerschaft heftig umstritten.

Die einen meinen: Lasst uns den Branchenprimus McKinsey überholen, die anderen sind besorgt, dass die Marke BCG durch übertriebene Verkaufsorientierung Schaden nehmen könnte und die Qualität der Beratung bereits gelitten hat. Fakt ist: Früher war die Rollenverteilung ganz einfach, die von McKinsey waren die Bösen, die von BCG die Guten. "Wo die als arrogant verschrieenen Meckies als harte Sanierer mit der Kettensäge durch das Unternehmen wirbelten und die Kosten kappten, bemühten sich die freundlichen BCG-Berater mit den Betroffenen um kreative Wachstumslösungen", heißt es in der Wiwo.

Die Bürkner-Kritiker wünschen sich eine stärkere Konzentration auf kluge Inhalte statt auf das Schnüren verkaufsfähiger Produkte. Der hohe Vertriebsdruck schürt vor allem bei jüngeren Partnern die Angst, nicht genügend Geschäft reinzuholen und irgendwann deshalb durchs Rost zu fallen. Wer BCG in Zukunft leiten wird, entscheidet sich voraussichtlich in den nächsten vier bis sechs Wochen.

(19. März 2012) Quelle: WirtschaftsWoche

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