McKinsey setzt auf Expertenteams statt Standards

Die Zukunft der Consultingbranche sieht McKinsey-Deutschlandchef Cornelius Baur in der wissensbasierten Beratung. Im Interview mit dem Manager-Magazin erklärt er, wie sich die Art der Beratung fundamental gewandelt hat und worauf sich Industrie wie Beratungshäuser gleichermaßen einstellen müssen.

Baur – seit Anfang 2014 – neu im Amt als Chef der größten Strategieberatung Deutschlands sprach über die Schwächen der heimischen Industrie und die seiner eigenen Zunft. Der Großteil der Ingenieurkapazität sitze nach wie vor in Deutschland. Doch wer nicht wisse, welche Produktstandards in den Schwellenländern tatsächlich gebraucht werden und welche dort verzichtbar sind, könne eben leider keine marktfähigen Produkte für die in Schwellenländern so nachgefragten Niedrigpreissegmente entwickeln. Deshalb – so prognostiziert Baur -, würden etliche Industrien ihre Forschungsprozesse demnächst weiter ins Ausland verlagern müssen, um dort die passenden Angebote zu entwickeln. Damit komme es zu einer Zweiteilung: „Forschung für Premium in Deutschland, Forschung für Schwellenländer dort vor Ort. Das ist eine gute Marschrichtung“.


Um mit den Herausforderungen fertig zu werden, die mittlerweile an die Unternehmen gestellt würden, sei in der Wirtschaft eine neue Generation von Führungskräften vonnöten: Manager, die Erfahrung hätten und in der Lage seien, funktionierende Teams zusammenzubringen, die neue Geschäftsmodelle entwickeln. Eine Blaupause, die auch für die Beraterbranche gelte. „Früher haben wir mit immer wieder neuen Methoden strategische Prozesse in den Unternehmen moderiert“, sagt Baur. Doch diese Standards, die bei allen Klienten ähnlich abliefen, funktionierten nicht mehr. „Wir stellen heute für jeden Einzelfall internationale Expertenteams zusammen, genau abgestimmt auf die Fragestellung, die wir beantworten sollen.“


Weil das Know-how auch bei den Kunden immer weiter wachse, investiere McKinsey zehn Prozent seines Umsatzes in Forschung und Entwicklung – rund 700 Millionen Dollar - und hole sich Kompetenz von außen hinzu. Jedes Jahr kauft McKinsey daher 20 bis 30 Firmen hinzu, in der Regel kleinere Boutiquen mit fünf bis 20 Köpfen. Auf diesem Weg wollen Baur und seine Kollegen die Wissensbasis ihres Hauses erweitern und tiefer in die Industrien einsteigen. Dieses Know-how müssen die Consultants dann aber auch noch mit Wissen über Unternehmensfunktionen verknüpfen. Neben der veränderten Arbeitsweise plane McKinsey auch, weiße Flecken auf der Landkarte zu tilgen. Bislang ist das Unternehmen in 52 Ländern vertreten. Wachstumspotenzial sieht Baur vor allem in Afrika, wo die Beratung derzeit erst sechs Büros unterhält: „Da ist mehr drin.“ In der Kaspischen Region hingegen sei man wegen der geopolitischen Lage etwas vorsichtiger geworden.

 

Quelle: Manager Magazin, 18. April 2014