"Viele Recruitingmessen sind enttäuschend"

Pascal Leinfelder, Sprecher der studentischen Regionalgruppe der Bundesvereinigung Logistik (BVL) in Sachsen-Anhalt über die Erwartungen junger Akademiker an Arbeitgeber in der Logistik.

JobguideXpress SCM: Herr Leinfelder, 2015 werden Sie aller Voraussicht nach einen Abschluss als Master of Science haben und Ihren ersten Job in der Logistikbranche antreten. Wie stellt sich ein junger Wirtschaftsingenieur wie Sie, der als Studienschwerpunkt Logistik gewählt hat, seinen Traumarbeitgeber vor?

Leinfelder: An meinem zukünftigen Arbeitsplatz möchte ich vor allem eins: gefordert werden. Die Kollegen sollten nett sein. Der Arbeitgeber sollte mir möglichst viele Freiheiten einräumen. Und in einem Großraumbüro würde ich lieber nicht landen. Ansonsten bin ich völlig offen.

JobguideXpress SCM: Wirtschaftsingenieure sind heiß begehrt. Stehen bei Ihnen die Arbeitgeber jetzt schon während des Studiums Schlange?

Leinfelder: Eine Schlange vor meiner Wohnungstür habe ich noch nicht entdeckt. Aber ich mache mir keine Sorgen um meine Zukunft. Auf dem Campus der Otto-von-Guericke-Universität in Magdeburg, dort wo ich studiere, finden regelmäßig Firmenmessen statt und ich genieße es schon sehr, dort mit Unternehmen Kontakt aufnehmen zu können. Als Drittsemester bleibt mir ja auch noch etwas Zeit. Bevor ich mich für einen Arbeitgeber entscheide, möchte ich erstmal noch möglichst viel Erfahrung bei Praktika oder Firmenbesuchen sammeln.

JobguideXpress SCM: Welche Rolle spielen Recruitingmessen für Sie und Ihre Kommilitonen?

Leinfelder: Auf Recruitingmessen trifft man als Kandidat meistens leider nur die Marketingvertreter der Unternehmen an. Wirklich interessant sind solche Veranstaltungen aber doch nur, wenn man direkt mit den Personalern oder mit der Geschäftsführung in Kontakt kommt. Ansonsten ist das eher verschenkte Zeit. Es macht doch keinen Unterschied, ob man seine Bewerbung auf einem Messestand einem Marketingvertreter überreicht, der sie dann firmenintern weiterleitet oder die Bewerbung per E-Mail ans Unternehmen schickt.

JobguideXpress SCM: Sie halten also Recruitingmessen nicht unbedingt für eine gute Informationsquelle, um sich als Jungakademiker über seine Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt zu informieren?

Leinfelder: In meinem Freundeskreis waren die meisten nach Besuchen von Recruitingmessen eher enttäuscht. Wir haben dort häufig erlebt, dass wenn wir mehr über die Unternehmen als Arbeitgeber erfahren wollten, die Firmenvertreter auf den Messeständen uns regelmäßig auf die Webpages ihres Unternehmens verwiesen haben. Wir hatten dann das Gefühl, dass die sich gar nicht wirklich für uns interessieren und dass es eher um Employer Branding geht als darum, Kontakt zu vielversprechenden Nachwuchskräften aufzunehmen.

JobguideXpress SCM: Welche Alternativen nutzen Sie, um mehr über potenzielle Arbeitgeber zu erfahren?

Leinfelder: An meinem ersten Tag als Erstsemestler an der Uni in Magdeburg hatte ich das Glück, einen Vortrag über die Zukunft der Logistik zu hören, der von der studentischen Regionalgruppe der Bundesvereinigung Logistik organisiert worden war. Der Vortragende war der Logistikmanager und BVL-Mitbegründer Jürgen Busch. Die Veranstaltung war super spannend und ich habe mich deshalb damals entschieden, zum Stammtisch der studentischen BVL-Regionalgruppe zu gehen. Wir organisieren regelmäßig Ausflüge zu Unternehmen der Region, am Tag der Logistik sind wir mit von der Partie und da ergeben sich natürlich Kontakte.

JobguideXpress SCM: Was würden Sie mittelständischen Unternehmen empfehlen, die sich als Arbeitgeber empfehlen wollen?

Leinfelder: Wenn Arbeitgeber direkt zu uns auf den Campus kommen, ist das optimal. Und es erscheint mir sinnvoll, Studenten ins eigene Unternehmen einzuladen. Logistik hat viel mit Bewegung zu tun und hat deshalb zumindest für mich etwas sehr Faszinierendes. Wer Studenten die Möglichkeit gibt, vor Ort im Unternehmen zu erleben, wie der Betrieb in Bewegung gehalten wird, schafft es wahrscheinlich eher, junge Leute für sich zu begeistern als Arbeitgeber, die glauben, dass ein Infoflyer oder Reklamesprüche ausreichen, um auf sich aufmerksam zu machen.

Das Gespräch führte Julia Leendertse.

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