Roland Berger probt den Neustart

Roland Berger-Chef Burkhard Schwenker ist einer der profiliertesten Köpfe der Strategieberaterszene in Deutschland, wenn nicht sogar der profilierteste. Sein Gespür für funktionierende Geschäftsmodelle wird derzeit auf eine harte Probe gestellt.

Die Unternehmensberatung Roland Berger Strategy Consultants (2.700 Mitarbeiter/250 Partner) kämpft weiter mit Negativschlagzeilen: Das Manager-Magazin attestierte der weltweit größten Unternehmensberatung mit europäischen Wurzeln in seiner Novemberausgabe „Schwach auf der Brust“ zu sein. Die Süddeutsche Zeitung (SZ) beschwor „Die Angst vor dem Absturz“ und fragte Roland-Berger-Chef Burkhard Schwenker im Interview sogar: „Herr Schwenker, wie lange gibt es Roland Berger noch?“ Mutig konterte der 55-jährige Ökonom und Mathematiker: „Ist die Frage ernst gemeint? Roland Berger wird es noch viele Jahre eigenständig geben“.

Schwenker wird sehr wahrscheinlich Recht behalten. Die Frage ist nur: In welcher Form wird Roland Berger weiter unabhängig auf dem Markt agieren können? Seit einem guten halben Jahr leistet Schwenker Schwerstarbeit, um das aus dem Ruder gelaufene Dickschiff wieder auf Kurs zu bringen. Es heißt, der Berger-CEO sprühe derzeit nur so vor guten Ideen, wie seine Beratertruppen sich aufs Neue profilieren könnten. Bereits im September gründete Roland Berger offiziell das „Expert Network“, in dem laut Handelsblatt aktuell 500 Spezialisten aus allen Branchen registriert sind. Ein Drittel Berger-Leute, zwei Drittel externe Manager und Spezialisten, „deren Bewerbungen sorgfältig geprüft werden“ – sollen Kunden bei Prozess- und Fertigungstechniken unterstützen, zunächst im deutschsprachigen Raum. Zielkundschaft sind vor allem industrielle, große Mittelständler, die externe Beratungsexperten benötigen, um zum Beispiel Kosten zu analysieren, die Effektivität der Produktion zu steigern oder die Einhaltung von Geschäftszielen nachhaltig sicherzustellen. Das Expert Network ergänze das bisherige Beratungsangebot um wichtige Umsetzungsleistungen. Fest steht: Die Plattform ermöglicht es, jenseits der klassischen Projektarbeit, auch mal den längerfristigen Einsatz hochspezialisierter Industrieexperten anzubieten und vor allem Experten mit unterschiedlichstem Background für kurze Zeit in Projekten einzusetzen.

So gut und zukunftsweisend Schwenkers Ideen aber auch sein mögen, es wird für ihn nicht leicht werden, die Berger-Truppen für radikale Strategieschwenks zu begeistern. Laut Manager-Magazin lief das Berger-Geschäft 2013 besser als es die Berichterstattung rund um die gescheiterten Fusionsverhandlungen und die wackligen Zukunftsaussichten vermuten lassen. Nach internen Hochrechnungen – so das Manager-Magazin – wuchs das Haus um rund fünf Prozent. 2012 habe die Beratung nach einem hoffnungsvollen Start noch ein Minus hingelegt. Problematisch sei jedoch die gesunkene Profitabilität. Seit 2010 sei die Umsatzrendite um etwa ein Drittel gesunken. Berger eröffnete in diesem Zeitraum zwölf neue Büros rund um den Globus, stellte viele neue Partner ein, die aber noch nicht ausreichend Neugeschäft beisteuern. Schwenker hat deshalb seinem Haus ein Restrukturierungsprogramm verordnet. Über die Frage, ob Roland Berger eventuell doch noch mit der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY zusammengehen wird, soll am 18. Dezember endgültig entschieden werden. Im SZ-Interview sagte Schwenker bereits: „Wir brauchen keinen Partner. Alleine sind wir stark genug.“


Quellen: Süddeutsche Zeitung vom 5. November 2013, Manager Magazin 1. November 2013, Roland Berger Pressemitteilung vom 30.09.2013

http://www.sueddeutsche.de/65B38D/1634687/Wir-brauchen-keinen-Partner.html

http://www.manager-magazin.de/unternehmen/artikel/berater-roland-berger-drueckt-die-kosten-a-928203.html