Roland Berger: Grenzen der Strategieberatung hinter sich lassen

Mit der digitalen Tochter „Terra Numerata“ wagt die Unternehmensberatung Roland Berger den Befreiungsschlag. Statt als reines Beratungshaus aufzutreten, soll nun das Portfolio durch Partnerschaften und neue umsetzungsorientierte Dienstleistungen erweitert werden.

 

Reines Wortgeklingel oder wirkliche Chance für die hinterherhinkende Digitalwirtschaft Europas? Ach, wer weiß das schon. Im ersten Interview seiner sechsmonatigen Amtszeit stellte Roland Berger-Chef Charles-Edouard Bouée zumindest seinen neuen Strategieansatz für Roland Berger Strategy Consultants vor. Mit der neu gegründeten Unternehmensplattform „Terra Numerata“ will die „weltweit führende Unternehmensberatung europäischer Herkunft“ dafür sorgen, dass Europa im digitalen Wettlauf mit den USA und Asien wieder Land gewinnt.

Gemessen an der Marktkapitalisierung stamme kein einziges der 20 größten Internetunternehmen aus Europa, beklagt Bouée im Interview mit dem Manager Magazin. Das will der Franzose jetzt mit einem breit angelegten europäischen digitalen Firmennetzwerk ändern. Firmen unterschiedlichster Geschäftszweige und Größenordnung will das Beratungshaus zusammenbringen und dazu beitragen, dass Inkubatoren, Investoren, Technologieanbieter und andere Akteure der europäischen Digitalwirtschaft neue Partnerschaften eingehen und gemeinsam digitale Innovationen vorantreiben. Die europäische digitale Unternehmenslandschaft sei hochgradig heterogen, Know-how und Ressourcen verteilten sich auf viele Länder. Zusammenarbeit sei da der beste Schlüssel, um – mit Unterstützung der Politik – die digitalen Geschäftsmöglichkeiten von morgen zu ergreifen. 

Als Beweis dafür, dass sein Beratungshaus fest entschlossen ist, eine Schlüsselrolle bei der Schaffung eines europäischen digitalen Ökosystems einzunehmen, verkündete Bouée im Manager Magazin ein erstes Joint Venture von Roland Berger Strategy Consultants mit dem Startup-Inkubator Rocket Internet der Samwer-Brüder. 

Durch die Kooperation soll ein Super-Inkubator für große Unternehmen entstehen, „um disruptive Unternehmensentwicklungen zu kreieren und sie schnell und effizient zum Leben zu erwecken“, sagte Bouée. „Unser Joint Venture wird wie eine Fabrik funktionieren und eine Firma mit digitalem Geschäftsmodell nach dem anderen produzieren.“ Beide Joint Venture-Partner sollen nach einem Bericht des Handelsblatts je 50 Prozent an der geplanten gemeinsamen Tochter halten. Langfristig will – so betonte Bouée im Interview – Roland Berger Strategy Consultants ohnehin die Grenzen der sogenannten Strategieberatung hinter sich lassen. „Wir alle, ich auch, haben lange die Lösung auf dem klassischen Feld der Strategieberatung gesucht“, sagt Roland Bergers „Monsieur 100 000 Volt“. „Aber die Zukunft liegt nicht in der vertikalen Ergänzung des Angebots, sondern darin, horizontal zu erweitern, neue Dienstleistungen hinzuzufügen, mit anderen gemeinsam“. Das Joint Venture mit Rocket Internet sei nur der Anfang. Er könne sich zwei Dutzend solcher Partnerschaften vorstellen. 

Mit dem digitalen Geschäftsmodell von Terra Numerata zieht Roland Berger Strategy Consultants lediglich anderen Beratungshäusern nach, urteilt das Handelsblatt kühl. BCG betreibt seit Anfang 2014 die Tochter BCG Digital Ventures. KPMG will mit Geldgeber Redstone Digital in europäische Digital-Startups investieren. 

Quellen:
Roland Berger Strategy Consultants, Pressemitteilung, 17. Dezember 2014
Manager Magazin, 9. Dezember 2014, Print-Ausgabe 1/2015
Handelsblatt, 17. Dezember 2014
Handelsblatt, 18.Dezember 2014

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