Kulturwandel bei McKinsey

Seit 2010 versucht McKinsey-Weltchef Dominic Barton seinem Haus einen kulturellen Wandel zu verordnen, ausgelöst durch die Verurteilungen ranghoher Ex-Meckies wegen Insiderhandels. Der Kurswechsel kommt aber nicht überall gut an, vor allem die Europäer klagten über Bevormundung, schreibt die New York Times.

2010 war aus Sicht von Weltchef Dominic Barton eine Katastrophe für McKinsey: Erst wurde der McKinsey-Direktor Anil Kumar wegen Weitergabe von Interna an den Hedgefondmanager Raj Rajaratnam verurteilt. Ein Jahr später traf es Goldman Sachs-Aufsichtsratsmitglied und Ex-McKinsey-Weltchef Rajat Gupta. Er wurde ebenfalls wegen Weitergabe von Insiderinformationen verurteilt. Beide Fälle erschütterten die Werte wie das Vertrauen in die Strategieberatung, sodass Barton forderte, mehr Sicherheitsgräben einzuziehen, um Indiskretionen und die Weitergabe von Informationen zu vermeiden.

Dominic Barton verordnete den weltweit 1.400 Partnern und 18.500 Beschäftigten von McKinsey neue Regeln. Neueinsteiger müssen seither einen 45-minütigen Test über Regeln und Werte über sich ergehen lassen. Mit der Initiative „Survey of Inspirational Leadership“ forderte Barton die McKinsey-Mitarbeiter überdies auf, das Verhalten ihrer Vorgesetzten regelmäßig zu beurteilen – und zwar vertraulich. Und er verordnete allen McKinsey-Mitarbeitern samt deren Familienangehörigen ein persönliches Investmentverbot bei Wertpapieren, die McKinsey-Kunden betreffen.

Nach einem Bericht der New York Times stießen die neuen Sicherheitsmaßnahmen bei den McKinsey-Partnern in den USA auf Verständnis. Sie haben die Bilder von ihren Kollegen noch vor Augen, der mit Handschellen abgeführt wurden. Wenig begeistert reagierten jedoch die europäischen Partner. Barton hätte einen „Nanny State“, einen Bevormundungsstaat, installiert, heißt es intern. Die Tests werden nicht selten als „kindisch“ klassifiziert.

Außerdem würde Barton der globalen Firma amerikanische Standards überstülpen, lautet der Vorwurf. „Diese Vorgaben lassen sich eben nicht überall eins zu eins umsetzen“, kritisiert der deutsche McKinsey-Partner Frank Mattern. Problematisch sei zum Beispiel weltweit dieselben Maßstäbe an Insiderhandel anzulegen wie sie in Amerika gelten: Gibt in den USA ein Mitarbeiter Insiderinformationen an ein Familienmitglied weiter, das dieses Wissen dann bewusst für Geschäfte nutzt, können nach amerikanischem Recht beide verurteilt werden. Schon aus datenschutzrechtlichen Gründen sowie der Verpflichtung des Arbeitsgebers, die Privatsphäre seiner Mitarbeiter zu wahren, könne man hierzulande Verwandte jedoch nicht zwingen, ihre Investments offenzulegen. Und auch das „Survey of Inspirational Leadership“ habe nicht den gewünschten Erfolg gezeigt. Statt das Fehlverhalten ihrer Vorgesetzten zu kritisieren, fallen neun von zehn Urteilen positiv aus. Trotz des Rumorens hält Barton an seinen Vorgaben fest – in der Überzeugung, dass bei einem Versagen der Werte immer noch die Regeln gelten.

Quelle: New York Times, 11. Januar 2014

http://www.nytimes.com/2014/01/12/business/self-help-at-mckinsey.html?_r=1