Rüstungsbranche bietet viele Jobs, aber Bewerber fremdeln

Trotz guter Gehälter und einer Menge offener Stellen sind Stellen in der Rüstungsbranche nicht leicht zu besetzen. Vor allem bei Führungskräften müssen die Unternehmen stark für sich werben, bei Nachwuchskräften hat der Ukraine-Krieg etwas mehr Offenheit bewirkt.

Rheinmetall

Laut skandierend zieht eine Gruppe Studierender durch die Stände der Arbeitgeber auf einer Recruiting-Messe an der Uni Düsseldorf. Ihr Zorn und die Parolen auf ihren Plakaten richten sich gezielt gegen einen bestimmten Arbeitgeber auf der Messe: Die Rheinmetall AG. Deren Recruiter haben eigentlich eine Menge Jobs im Gepäck, die sie den Studierenden gerne nahebringen wollen. Doch gegen das Gebrüll der Demonstrierenden kommen weder sie noch die Veranstalter an und so müssen sie ihren Stand wieder abbauen und sich trollen.

Jüngere sind etwas offener gegenüber der Rüstungsbranche
Diese Szene ist einige Jahre her und würde vermutlich heute so nicht mehr stattfinden. Der Krieg in der Ukraine hat bezüglich der Ressentiments gegen die Rüstungsindustrie schon etwas bewegt. „Ich spüre ein Umdenken bei jüngeren Kandidaten so um die Mitte 30“, sagt Eva Brückner von der Personalberatung Heinrich & Coll, die Kandidaten für die mittlere und obere Managementebene von Industrieunternehmen, vorwiegend in der Rüstungsbranche sucht.

Großer Suchaufwand bei der Stellenbesetzung
Bei der Besetzung der oberen drei Managementebenen, sagt sie im Interview mit dem Handelsblatt, müsse sie in der Regel die Unterlagen von 300 bis 400 Kandidaten sichten, bis ein geeigneter Kandidat gefunden sei. Jüngere Bewerber gäben sich im Erstgespräch öfter offen, machten dann aber doch häufig noch im letzten Moment einen Rückzieher wegen moralischer Bedenken: „Sie wollen Ihren Bekannten und Nachbarn nicht erzählen, dass Sie Panzer zusammenbauen“, sagt die Headhunterin.

Mehr Werbung um Bewerber wäre wichtig
Im Wettbewerb mit anderen Branchen müsse die Rüstungsindustrie eigentlich mehr für sich werben, sagt die Beraterin, doch die Unternehmen seien selbst auch verhalten. Bezüglich der Vergütung und Sozialleistungen liege die Branche gut im Rennen, wenn auch nicht auf Top-Niveau. Für die Besetzung erster Führungsjobs beispielsweise seien zwischen 100.000 und 120.000 Euro üblich. Und in der Metallindustrie gelte tariflich die 35-Stunden-Woche. Schwierig sei es wegen der sicherheits-sensiblen Themen mit den Homeoffice-Wünschen: Ein bis zwei Tage pro Woche seien in der Regel möglich.

Rheinmetall stellt am meisten ein
In einem separaten Beitrag hat das Handelsblatt einmal die großen Unternehmen der Branche nach ihrem Personalbedarf gefragt. Den größten Bedarf hat danach der Düsseldorfer Panzer- und Munitionsproduzent Rheinmetall, der noch bis Ende 2022 etwa 1.000 neue Stellen in Deutschland besetzt haben will. Weitere 1.500 sollen danach noch folgen. Den Aussagen der Personalberaterin Brückner zur Zögerlichkeit der Bewerber widerspricht Konzernchef Armin Papperger indirekt: „Wir hatten vergangenes Jahr 145.000 Initiativbewerbungen, 64.000 davon in Deutschland“.

Airbus Defence & Space hofft auf Investitionen in Luftwaffe
Auch der Geschäftsbereich Defence & Space von Airbus in München hofft darauf, von den 40 Prozent Anteil, den die Luftwaffe an dem beschlossenen 100 Milliarden-Sondervermögen des Bundes haben soll, eine Tranche verbuchen zu können. Bis Ende 2022 will das Unternehmen noch 500 bis 600 Ingenieure, Experten für IT-Sicherheit, Programmierer und Elektroniker finden. Bevor diese neuen Mitarbeiter jedoch in den Alltag eintauchen können, müssten sie sechs Monate spezielle Sicherheits- und Ausbildungstrainings durchlaufen, schreibt das Handelsblatt.

Radarspezialist Hensoldt braucht Ingenieure
Einen Vorteil bei der Auftragsvergabe durch die Bundeswehr, glaubt die Zeitung, könne der Radar- und Sensorspezialist Hensoldt haben. Denn an dem Unternehmen, das früher einmal zu Airbus gehörte, ist der Bund mit 25,1 Prozent beteiligt. Zu den 6.400 Mitarbeitern sollen 2022 und 2023 noch einmal 400 hinzukommen. Ingenieure mit Schwerpunkt in System- oder Softwareengineering sollen mitarbeiten an Elektronikkomponenten für den Eurofighter sowie die Marine und Landstreitkräfte.

Thyssen-Krupp Marine Systems baut U-Boote für die Bundeswehr
Um Ingenieure aus den Bereichen Schiffbau, Elektrik und Mechanik sowie Fachleute für die Wartung von U-Booten und Schiffen geht es bei den Stellenangeboten von Thyssen-Krupp Marine Systems (TKMS). Aus dem Sondervermögen sind rund 19 Milliarden für die Marine eingeplant und davon soll auch das Jagd-U-Boot 212 CD gekauft werden, das TKMS für das norwegische Militär und die Bundeswehr entwickelt hat. 540 zusätzliche Stellen will TKMS 2022 besetzen, 120 davon in Deutschland.

Weitere Stellen bei MBDA, Heckler & Koch, Vicorion
Zusätzliche Jobs schafft außerdem noch der Raketen-Hersteller MBDA, der bis 2025 rund 200 Entwicklungs- und Systemingenieure sowie Kaufleute für die Beschaffung einstellen will. Auch der Produzent von Pistolen und Gewehren, Heckler & Koch stellt ein: Etwa 50-60 Facharbeiter für Fräsen und Drehen. Und Vicorion als Hersteller von Stromerzeugungsaggregaten und Energieerzeugungssystemen für die Streitkräfte will dieses Jahr noch 35 Ingenieure, Elektroniker und Programmierer gewinnen.

Quellen: Handelsblatt Interview  Handelsblatt Arbeitgeber-Befragung

Handelsblatt Interview