Was von der alten Beraterwelt übrig bleibt

Die Beraterbranche hat Konjunkturhoch. Trotzdem kann es ein „Weiter-so“ auch in der Consultingbranche nicht geben, warnt Marc Wagner, „New Work Evangelist“ der Technologie- und Managementberatung Detecon im Interview mit Die Consultanten.

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Die Digitalisierung hat der Beratungsbranche einen enormen Wachstumsschub verliehen. Doch sie wird die Branche selbst nicht minder rasant in ihren Grundfesten erschüttern, warnt Marc Wagner, Partner und Experte für New Work und Digitale Transformation der Technologie- und Managementberatung Detecon.

So verlieren die Berater ihr Herrschaftswissen, weil die Informationen auch für Unternehmen über das Internet abrufbar sind. Gleichzeitig nimmt die Künstliche Intelligenz (KI) den Consultants wichtige analytische Kompetenzen weg: Softwaretools durchwühlen riesige Datenmengen, analysieren Muster, strukturieren sie und erschließen daraus Wirkungszusammenhänge. Arbeiten, die früher Hunderte von Topabsolventen erledigten, übernimmt heute die KI – und so bricht das lukrative Geschäft aufwändiger Analysearbeiten weg.

Mit Digital Labs, in der Regel als Tochterfirma, und der Entwicklung schlüsselfertiger Geschäftsmodelle haben die großen Strategieberatungen auf diesen Trend reagiert. „In Zukunft reichen solche Inseln der Interdisziplinarität und Kreativität, die abgekapselt von der eigentlichen Beratungsorganisation operieren, allerdings nicht mehr aus“, sagt Wagner. Kunden achten darauf, ob die Beratungsorganisation die empfohlenen Konzepte, wie etwa agiles Management, hierarchiefreies, selbstbestimmtes Arbeiten oder eine höhere Fehlertoleranz auch selbst lebt.

Auch das Massengeschäft des Projektmanagements wandelt sich. Die Zeiten, in denen IT-Entwicklungs- und Implementierungsvorhaben extrem komplex waren und deshalb ein generalstabsmäßiges Vorgehen erforderten, sind vorbei. Die Unternehmen lernen zurzeit, die komplexen Entwicklungs- und Implementierungsvorhaben in kleine Schritte zu zerlegen. Schon bald werden ihre Mitarbeiter selbst große Projektherausforderungen in kleinen Häppchen durch ständige Verbesserungen selbst meistern können. Und was bleibt dann von der alten Beraterwelt am Ende noch übrig?

In Zukunft kann die Branche in den Unternehmen Lastspitzen durch externe Berater und Spezialisten abdecken – muss aber mit der Konkurrenz aus Online-Plattformen und Vermittlungsbörsen leben. Bisherige Konkurrenten werden sich daher künftig immer häufiger projektabhängig in losen Verbünden zusammenschließen. Selbst etablierte Beratungshäuser tun gut daran, sich selbst ins Zentrum einer starken Community von Freelancern und Top-Experten zu stellen. Als Spinne im Netz, die Projektteams optimal orchestriert. Themen-Champions werden in Zukunft gefragt sein, das heißt einzelne Berater, die als Person nach vorn treten und sich vernetzen, um so stets den besten Spezialisten für das jeweilige Problem anbieten zu können.

Quelle:Wiwo-Blog Die Consultanten, 13. Juli 2017