Europas Chipherstellung erlebt Renaissance

Die Veränderungen in der Chipindustrie lassen die Hersteller den Standort Europa neu für sich entdecken. Sie investieren Milliarden in neue Produktionsstätten und eröffnen neue Jobchancen.

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Apple investiert Milliarden in den Zukauf eines ehemaligen Chip-Standorts von Infineon in Neubiberg bei München. Infineon selbst lässt sich eine neue Fabrik für Leistungshalbleiter in Villach/Kärnten 1,6 Milliarden Euro kosten. Deren Konkurrent ST Microelectronics baut in der Nähe von Mailand ebenfalls eine neue Fabrik. Und Bosch steckt – inklusive Fördergeldern – eine Milliarde Euro in einen neuen Fertigungsstandort in Dresden.

Die Renaissance der europäischen Chipindustrie hat drei Gründe. Erstens hat sich die Chipindustrie durch eine permanente Weiterentwicklung stark gewandelt. Bosch etwa setzt auf die sogenannte 300-Millimeter-Fertigungstechnologie. Statt wie bisher 150- oder 200-Millimeter-Waver zu produzieren, also Siliziumscheiben, aus denen die Halbleiter entstehen, kann Bosch mit der 300-Millimeter-Feritigungstechnologie größere Skaleneffekte erzielen und die Wettbewerbsfähigkeit steigern.

Zweitens ist der Bedarf an Chips enorm gestiegen. Dessen Treiber ist die Künstliche Intelligenz: Bis 2022, so rechnet eine PwC-Studie vor, steigt der Weltmarkt von derzeit 481 Milliarden auf dann 575 Milliarden US-Dollar, was einer jährlichen Wachstumsrate von 4,6 Prozent entspricht.

Bosch profitiert zum Beispiel von der gestiegenen Nachfrage aus dem Automobilmarkt: Schon jetzt benötigen die Elektro- und Hybridfahrzeuge doppelt so viele Chips wie Verbrennerautos – und das KI-Potenzial von autonom fahrenden Wagen ist noch gänzlich unerschlossen, sagt die Studie. Sie prognostiziert dem Chipmarkt im Automobilbereich ein Wachstum von 11,9 Prozent.

Davon dürfte Bosch profitieren: 2016 steckten in jedem neu gebauten Auto durchschnittlich neun Chips der Stuttgarter – und das weltweit.

Drittens bringt die weltpolitische Lage neue Kunden. China ist der größte Importeur von Halbleitern aus den USA. Für die chinesische Wirtschaft steckt vor dem Hintergrund der Handelskonflikte riskantes Druckpotenzial, weshalb alternative Quellen hochwillkommen sein dürften.

Die vielen Investitionen in neue Halbleiterfabriken eröffnen daher auch viele Jobchancen. Etwa beim schwäbischen Spezialisten Trumpf, der als Zulieferer für die Mikrochips des niederländischen Herstellers ASML arbeitet. Mit Hilfe von speziellen Lasern belichtet Trumpf Leiterplatten für die Chips. Sie arbeiten mit „Extrem ultraviolettem Licht“ (EUV), das im Millionstel-Millimeterbereich arbeitet und so erst Chips für autonomes Fahren, Gaming mit Virtual Reality oder neueste Anwendungen in der Medizintechnik ermöglichen. Heute arbeiten bereits 500 Mitarbeiter in der Sparte bei Trumpf und setzen 200 Millionen Euro um. Bald sollen es 400 Millionen sein und es ist schon heute die lukrativste Sparte der Schwaben.

Im neuen Dresdener Werk von Bosch sollen ab 2020 rund 700 Mitarbeiter in der hochautomatisierten Chipfertigung arbeiten, die die Produktion planen, steuern und überwachen. Auch die Weiterentwicklung der Produktionsprozesse und die Auswertung der Herstellungsdaten im weltweiten Fertigungsbund gehören dazu.

 

Quellen: FAZ, PwC, Die Welt, Bosch