"E-Commerce erfordert Unternehmertypen und Schnelldenker"

Norbert Klein, Geschäftsführer der Personalberatung Hofmann Consultants in Königstein, über Handel und Konsumgüterindustrie als Kaderschmiede des Einkaufs und den Trend zum E-Commerce.

Herr Klein, hat der Trend zum E-Commerce den Jobmarkt in Handel und Konsumgüterindustrie verändert?

Klein: Absolut.Die Nachfrage nach E-Commerce-Spezialisten ist stark gestiegen. Fast alle Unternehmen wollen heute ihre Produkte übers Internet verkaufen. Dafür suchen sie speziell ausgebildete Leute. Weil das Internet ein sehr schnelles Medium ist, sind hier vor allem Schnelldenker und Unternehmertypen gefragt. Im E-Commerce fehlt die Zeit für langwierige Abstimmungsprozesse. Wer hier mitmischen will, muss in der Lage sein, Angebote innerhalb weniger Stunden zu aktualisieren und dafür auch die betriebswirtschaftliche Verantwortung zu übernehmen.

Früher galt der Handel als Kaderschmiede und Trendsetter des Einkaufs. Gilt das immer noch?

Ja, obwohl inzwischen die Trends auch von Unternehmen anderer Branchen kommen – etwa aus der Computerindustrie oder von den Autoherstellern. Aber: Die Einkaufsvolumina liegen im Handel so hoch wie in keiner anderen Branche. Im Handel entscheiden die Einkäufer über die Sortimente, die Konditionen, die Margen und damit über den Erfolg des Unternehmens. Gerade für Berufseinsteiger ist der Handel deshalb nach wie vor sehr interessant.

Wie ist es denn um die Karrierechancen für Einkäufer im Handel und in der Konsumgüterindustrie zurzeit bestellt?

Weitaus besser, als die meisten Studenten wissen. Da es gerade im Handel und bei Konsumgüterunternehmen im Einkauf um viel Geld geht, sind die Arbeitgeber sehr an unternehmerisch denkenden Kandidaten interessiert. Einkäufer bekommen bereits sehr früh sehr viel Verantwortung übertragen. Wer sich die Lebensläufe der Topmanager in großen Handelskonzernen genauer ansieht, wird feststellen, dass einige gerade einmal Mitte dreißig waren, als sie an die Spitze rückten.

Welche Kompetenzen sind besonders gefragt?

Die meisten Unternehmen suchen Kandidaten mit mehreren Jahren Berufserfahrung. Die Erwartung, dass der Einkäufer BWL-Hintergrund mitbringt, ist stark gestiegen. Er muss die Branche kennen, in der er arbeiten will. Und er muss strategisch, konzeptionell und prozessorientiert denken können. In internationalen Konzernen sind zudem verhandlungssicheres Englisch und perfekte PC- und Softwarekenntnisse ein Muss.
Für die Aufgaben im Supply Chain Management werden gerne Wirtschaftsingenieure, -informatiker oder Ingenieure mit kaufmännischem Hintergrund gesehen.

Und wie steht's um die Karrierechancen für Logistiker und Supply Chain Manager?

Die sind im Handel, bei Konsumgüterherstellern und deren Zulieferern ähnlich gut wie bei den Einkäufern. Denn was nützt mir schon das schönste Produkt, wenn ich es nicht rechtzeitig besorgen beziehungsweise liefern kann. Logistikmanager und SCM-Experten müssen weltweite Warenströme verstehen, gestalten und dirigieren und in den IT-Systemen abbilden können. Von daher sind analysestarke Typen gefragt.

Und wie sehen die Verdienstmöglichkeiten aus?

In beiden Branchen sind die Einstiegsgehälter eher unspektakulär. Sie schwanken zwischen 40.000 und 50.000 Euro. Nach drei bis fünf Jahren im Job liegen die Einkäufer, Logistiker und Supply Chain Manager im Schnitt bei 60.000 bis 80.000 Euro, wenn sie gut sind. Dann kann es aber sehr schnell nach oben gehen, weil auch die variablen Anteile des Vergütungspakets steigen. Das heißt: Die Gehälter schwanken sehr stark. Wer erfolgreich arbeitet, kann bereits mit 35 oder 40 Jahren zwischen 200.000 und 300.000 Euro verdienen.

Das Gespräch führte Julia Leendertse.

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