Beratung kostet Wirtschaftsprüfer die Unabhängigkeit

Wirtschaftsprüfer sind dazu da, die Jahresabschlüsse der Unternehmen zu prüfen. Finanzchefs, die sich darüber hinaus von ihrem Abschlussprüfer umfangreich beraten lassen, gehen ein hohes Risiko ein, schreibt die FAZ.

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Prüfen, nicht beraten, so lautet der öffentliche Auftrag an einen Wirtschaftsprüfer. Doch in der Praxis bauen die großen wie die kleinen Wirtschaftsprüfungshäuser ihre Beratungssparten weiter aus.

Schließlich sind die Wachstumsmöglichkeiten in der reinen Abschlussprüfung weitgehend ausgereizt – und die Beratung bietet die eindeutig lukrativeren Mandate. Das macht sich zunehmend auch in den eigenen Bilanzen der Prüfungsgesellschaften bemerkbar: Mit PwC und Deloitte setzen heute schon zwei der Big Four-Gesellschaften mehr Geld mit Beratungsdienstleistungen um als in ihrem Stammgeschäft – der Wirtschaftsprüfung.

Tatsächlich ist es auch für einen Finanzchef verlockend, den hauseigenen Abschlussprüfer zusätzlich mit Beratungsaufträgen zu versehen. Schließlich kennt er das Unternehmen bereits sehr genau und weiß daher am besten, wo sich noch Potenziale heben lassen. Aber: „Je mehr ein Prüfer mit seinen Beratungsleistungen bei einem Unternehmen verdient, desto größer ist das Risiko, dass er bei Ungereimtheiten in der Bilanz ein Auge zudrücken wird“, zitiert die FAZ einen Wirtschaftsprüfer, der anonym bleiben will. Der Gesetzgeber hat daher schon Einschränkungen für Beratungsleistungen von Wirtschaftsprüfern vorgesehen, wenn sie in einem Konzern prüfen und beraten sollen.

So definiert eine „schwarze Liste“ (Blacklist) die erlaubten und nicht erlaubten Beratungsleistungen, die ein Prüfer seinem Mandanten anbieten darf. Neu ist eine so genannte Fee Cap, eine Grenze für Honorare, die ein Prüfer für Beratungen einstreichen darf. Dieses Honorar darf nicht höher ausfallen als 70 Prozent des durchschnittlichen Prüfhonorars der letzten drei Jahre. Die Idee dahinter: Der Prüfer soll seiner eigentlichen Aufgabe, dem Prüfen, nachgehen und nicht der Beratung. Wer dann trickst, kann dem Unternehmen einen schweren Rufschaden zufügen und den Finanzchef um den Job bringen.

Was das im schlimmsten Fall bedeuten kann, hat die internationale Business-Gemeinde schon einmal erlebt: Anfang des Jahrtausends prüfte und beriet Arthur Andersen den Energiekonzern Enron – die Manager des Konzerns hatten unter den Augen des Wirtschaftsprüfers milliardenschwere Schulden in den Büchern versteckt, was den Konzern in die Pleite führte, das Unternehmen Arthur Andersen ausradierte, Millionen Arbeitnehmer die Pension kostete und die Öffentlichkeit für den Interessenskonflikt zwischen Beratung und Prüfung sensibiliert hat.

Quelle: FAZ, 10. November 2017, Printausgabe P2