Massenmailings sind Blödsinn

Jobguide sprach mit Thomas Kleb, Mitglied der Geschäftsführung des Maschinenbauers Heinrich Georg GmbH und langjährig erfahrerer Arbeitsmarktexperte über Personalanzeigen, Internetbörsen und die Arbeit von Headhuntern.

Thomas Kleb

Wer aber heute einen Job sucht, geht doch erst einmal ins Internet. Spielen denn Personalanzeigen in Zeitungen überhaupt noch eine Rolle?
Das ist einerseits eine Frage von Masse und Klasse der Bewerbungen, und andererseits eine Frage von Bekanntheitsgrad und Image des suchenden Unternehmens. Besonders Unternehmen, die weniger bekannt sind oder Imageprobleme haben, können in Print tendenziell besser ein qualifizierteres Kandidatenpotenzial erreichen und auf sich aufmerksam machen als in den Massenmärkten der Jobbörsen. Dort tummelt sich neben einigen guten Kandidaten viel Masse mit geringeren Qualifikationen.

Wann werden denn Kandidaten über Anzeigen gesucht und wann über Direktansprache?
Aus Sicht der Arbeitgeber gibt es drei wichtige Entscheidungskriterien:

Erstens die Enge der Märkte. Wenn ich einen Kandidaten beispielsweise mit einer seltenen Kombination von Qualifikationen suche, und der Kreis der potenziellen Firmen überschaubar ist, in denen sich entsprechend qualifizierte Mitarbeiter finden, dann ist die Direktansprache das richtige Instrument. Suche ich jedoch Leute mit hoher, aber dennoch häufiger Qualifikation und es kommt mir darauf an, aus einer größeren Zahl von Kandidaten auswählen zu können, dann ist die Anzeige das probate Mittel.

Zweitens ist es eine Frage der verfügbaren Zeit: Anzeigen führen viel schneller zum Ziel und daher sind sie bei hoher Dringlichkeit angesagt.

Und drittens werden Top-Positionen, etwa Vorstände der Dax 30 Unternehmen, traditionell eher über Executive Search besetzt, weil es da besonders um Diskretion geht und solche Leute persönlich angesprochen werden wollen, statt sich zu bewerben. Aber auch hier gibt es eine hohe Quote an Kombinations-Suchen, also Anzeigen plus Direktansprache.

Inzwischen gibt es ja im Internet Dienstleister, die Lebensläufe von Bewerbern an ganz viele Personalberater schicken. Was halten Sie davon?
Solche Massenmailings halte ich für Blödsinn und auch für unseriös. Unternehmen suchen Personalberater nach Branchen- und Funktions-Spezialisierung aus und erwarten zu Recht eine ganz individuelle und vertrauensvolle Arbeit der Personalberater. Übrigens: gute Bewerber verschicken ja auch keine Massenbewerbungen.

Ist es für einen Bewerber denn überhaupt sinnvoll, sich an einen Personalberater zu wenden?
Ja, sicher, im Sinne einer Karriereberatung, und um sich über den Markt zu informieren. Die Anfragen danach haben deutlich zugenommen.

Viele Personalberater machen das nebenbei mit, auch wenn sie daran eigentlich kein Geld verdienen. Und für den Bewerber einen Arbeitgeber suchen, das dürfen sie ja schon von Gesetzes wegen nicht. Also kann man sich beraten lassen, seinen Lebenslauf hinterlegen und hoffen, dass der Berater irgendwann mal einen Suchauftrag hat, auf den das Profil passt. Das kann aber dauern und ist daher eher eine Methode für Leute, die keinen kurzfristigen Druck haben. Auf Anzeigen zu reagieren, wird im Zweifel schneller zum Erfolg führen.

In welchen Qualifikationen, Funktionen und Branchen haben Neueinsteiger und Stellenwechsler denn derzeit die besten Chancen?
Am stärksten umworben sind Ingenieure, und das quer über sehr viele Branchen hinweg. Das gilt auch für gute Vertriebler oder Controller. Hochqualifizierte Wirtschaftswissenschaftler, Juristen und Quereinsteiger werden verstärkt von den Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften ins Visier genommen. Und Branchen, die früher eher unattraktiv waren, wie etwa der Gesundheitsmarkt, die Energiewirtschaft oder Chemie, suchen wieder gezielt Personal.

Das Gespräch führte Annette Eicker