Messen werden interaktiver

Sich mit anderen vernetzen, Teil der Community sein und aus erster Hand erfahren, was in der Welt so los ist – der Trend zum Digitalen findet im boomenden Messegeschäft seinen Gegentrend. Kommunikationsprofis und Eventmanager sind bei den Messehäusern gefragt wie nie.

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In der digitalen Geschäftswelt geht es anonym zu. Nach feinster Algorithmen-Logik von Werbebotschaften beschossen zu werden und nur noch mit Maschinen Verträge abzuschließen – das macht auf Dauer keinen Menschen froh. Die Sehnsucht nach dem persönlichen Kontakt und die Unsicherheit, wie sich Megatrends wie die Globalisierung und Digitalisierung auf die eigene Branche und damit auf den eigenen Broterwerb auswirken, lässt die Besucher in die Messehallen strömen. Von der Messe Frankfurt über die Koelnmesse, von der Messe München bis zur Deutschen Messe in Hannover – fast jeder deutsche Messestandort konnte sich 2019 über Rekordumsätze freuen und rechnet auch im Jahr 2020 und weit darüber hinaus mit einem weiterhin florierenden Geschäft.

Der Grund: Auch die jüngeren Generationen – etwa die Millennials (Jahrgänge 1981 bis 1997) sowie die Generation Z (Jahrgänge 1997 bis 2012) – wissen persönliche Treffen auch auf Messen sehr zu schätzen. Beide Kohorten stellen mit 2,5 Milliarden Menschen im Jahr 2025 rund die Hälfte aller Werktätigen. Allerdings: Um sie wirklich von einer Messeveranstaltung zu begeistern, gilt es, Messen noch eventiger zu machen, noch unterhaltsamer und interaktiver.

Darauf stellen sich die Messegesellschaften ein. Schon jetzt lässt sich eine Verschiebung hin zu mehr Netzwerk-Veranstaltungen und digitalen Begleitangeboten beobachten. Alle Messehäuser arbeiten zudem an Systemen, die den Messeauftritt für Aussteller und den Messebesuch für Besucher effizienter machen sollen. Etwa indem Besucher elektronisch Termine vereinbaren können oder indem sie sich elektronisch begleiten lassen. Aussteller könnten zukünftig zum Beispiel bei der Nachbereitung einer Messe von digitalen Zusatzservices profitieren. Schließlich nehmen Unternehmen bis dato bis zu 40 Prozent der Besucher auf ihrem Stand gar nicht bewusst wahr.

Um den Wandel zu stemmen, benötigen die Messegesellschaften zusätzliches Fachpersonal:  So gibt es allein bei den vier großen Messegesellschaften in Frankfurt, Köln, Düsseldorf und Hannover rund 350 vakante Stellen im Messeumfeld, vom Eventmanager über den Kommunikationsexperten bis zum Global Brand Manager.

Zudem exportieren die großen Messegesellschaften ihre Messen auch ins Ausland. So startet beispielsweise die Kölner Gamescom erstmals als Ableger im Jahr 2020 auch in Singapur. Darüber hinaus haben die Messen aber auch Auslandsvertretungen in den Ländern, aus denen die Aussteller und besucher kommen. Die Messe Düsseldorf beispielsweise unterhält rund 80 Auslandsvertretungen und veranstaltet im Ausland auch selbst 80 Messen. Sie sagt von sich, die weltweite Nummer eins in Bezug auf die Internationalität bei Investitionsgütermessen zu sein.

Im Ranking der deutschen Messeplätze lag 2018 die Messe Frankfurt auf Platz eins, gefolgt von München, Berlin, Köln, Nürnberg und Düsseldorf.

Bewerber sollten sich allerdings die Messeausrichtung genauer anschauen. Vom Boom ausgenommen sind die Messeveranstaltungen, die auf den stationären Einzelhandel ausgerichtet sind. Sie unterliegen durch die harte Konkurrenz und  den Onlinehandel einer Auslese – und dementsprechend gehen deren Besucherzahlen auch zurück. Die Folge: Wo die Händler als Einkäufer ausbleiben, reagieren auch die Hersteller auf den Besucherschwund mit Zurückhaltung und buchen kleinere Stände oder verzichten sogar ganz auf einen Messeauftritt.

 

Quelle: FAZ, 16. Januar 2020, Printausgabe Seite 22; FAZ, 27. Januar 2020, Printausgabe Seite 22; Kölner Stadt-Anzeiger, 22. Januar, Printausgabe Seite 9