Elektroindustrie braucht Talente für die neue Daten- und Plattformökonomie

Ob 5G-Mobilfunk, Industrie 4.0 oder Künstliche Intelligenz – neue Technik beschert der Elektroindustrie Rekordgeschäfte. Damit das auch so bleibt, muss die Branche jedoch neue smarte Produkte und Dienstleistungen entwickeln, schreibt die FAZ.

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Über einen Mangel an Aufträgen kann sich die deutsche Elektroindustrie derzeit nicht beklagen. Egal, ob die Digitalisierung der Wirtschaft (Industrie 4.0), der Einsatz Künstlicher Intelligenz oder die neue Mobilfunkgeneration 5G – keins der aktuellen, technologiegetriebenen Wachstumsfelder kommt ohne Zulieferungen aus der Elektroindustrie aus.

Und so reißen Kunden aus aller Welt – von Amerika bis China – der Branche Sensoren, Antennen, Glasfaserkabel und Chips praktisch aus der Hand. 2018 war ein Jahr der Rekorde. Der Branchenumsatz stieg von 192 auf 197 Milliarden Euro, die Mitarbeiterzahl um 22.000 auf nunmehr 890.000 Mitarbeiter. Der höchste Stand seit 22 Jahren.

Die zentrale Säule des Wachstums war wieder einmal der Export: Als größter Abnehmer erwies sich auch 2018 China. Unternehmen aus dem Reich der Mitte kauften im vergangenen Jahr 11,4 Prozent mehr deutsche Elektroartikel ein. Rückläufe verzeichnete der Export nur nach Großbritannien (minus 1,5 Prozent) und in die Türkei (minus 13 Prozent).

Für 2019 rechnet der Branchenverband ZVEI mit einem Umsatzsprung über die magische Grenze von 200 Milliarden Euro. 78 Prozent davon werden mit Industriegütern erwirtschaftet – in den Bereichen Automation, Energietechnik oder Medizintechnik. Zwölf Prozent des Umsatzes entfallen auf die Vorleistungen (Halbleiter). Die übrigen zehn Prozent werden mit Konsumgütern erzielt – Unterhaltungselektronik, Haushaltsgeräten und Haustechnik.

So gut die Geschäfte aber aktuell auch laufen, die Branche, die mit 44 Prozent die höchste Wertschöpfungstiefe der großen Industriebranchen hat, also den höchsten Anteil an selbsterstellten Erzeugnissen, hat besonders mit dem Fachkräftemangel zu kämpfen. Wirkt sich doch Umsatzwachstum unmittelbar auf die Beschäftigtenzahl aus. Drei von fünf Beschäftigten in der deutschen Elektroindustrie haben eine Ausbildung in einem MINT-Fach (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft oder Technik). Gesucht sind vor allem Informatiker, Software-Entwickler und Elektroingenieure.

Dabei ist die Daten- und Plattformökonomie die größte Herausforderung, also die Herstellung und Nutzung neuer Techniken. Wie die Unternehmen mit Daten neue Produkte und Geschäftsmodelle entwickeln können, beschreibt ein „Chancenkompass Datenwirtschaft“. Den hat der Branchenverband ZVEI gemeinsam mit der Beratungsgesellschaft McKinsey erstellt.

Viele Unternehmen hätten ihre Chancen in der neuen Welt noch nicht erkannt, zitiert die FAZ ZVEI-Chef Klaus Mittelbach: „Der Umsatz von intelligenten Produkten und Dienstleistungen liegt erst bei 20 Prozent.“ Auf diesen Zug sollten die Unternehmen aufspringen und eng mit ihren Kunden neue Geschäftsmodelle erarbeiten. Das sei nötig, um nicht mittelfristig gute Marktpositionen zu verlieren und die Chancen des neuen 5G-Netzes zu nutzen. Das katapultiert laut Mittelbach „die industrielle Produktion auf eine nächste Entwicklungsstufe“.


Quellen: FAZ, 23. Januar 2019, Printausgabe Seite 18