Wirtschaftsprüfer sind eine andere Liga

Das Wachstum der Wirtschaftsprüfer im Consultinggeschäft bereitet Walter Sinn, Deutschlandchef der Strategieberatung Bain, keine Sorgen. Warum verriet er dem Finance Magazin im Interview.

Bildnachweis: Bain & Company

Für Walter Sinn, Deutschlandchef der Strategieberatung Bain sind die Wachstumszahlen im Consultinggeschäft der Big Four – Deloitte, PwC, KPMG und EY – zwar beeindruckend. Aber sie machen sich für sein Haus noch nicht im täglichen Beratungsgeschäft bemerkbar. Es käme so gut wie nie vor, dass Bain um ein Mandat mit einer WP-Gesellschaft konkurriert, sagte Sinn im Interview mit dem Finance Magazin. Die großen Strategieberatungshäuser McKinsey, The Boston Consulting Group und Bain agierten in einem anderen Beratungssegment als die Consultingsparten der Big Four-Gesellschaften.

Die Top3-Strategieberatungen bewegen sich – so Sinn - direkt im Topmanagement, während die Engagements der Prüfer häufig in den Ebenen darunter angesiedelt sind und sich um Spezialthemen wie Mergers & Acquisitions, Regulierung oder Steuern drehten. Hinzu kommt, dass die Wirtschaftsprüfer zwar historisch bedingt viel Spezialwissen angesammelt haben, aber keine tiefgehenden Erfahrungen mit strategischen Fragestellungen vorweisen können. Bain-Chef Sinn leitet im Interview mit dem Finance Magazin daraus ab, dass sich die Wirtschaftsprüfer auch in Zukunft kaum auf Vorstandsebene etablieren werden und kommt zu dem Schluss: „Sie spielen nicht in derselben Liga.“

Das sehen die Wirtschaftsprüfer allerdings anders. Gerade das Spezialwissen ist für sie der entscheidende Wettbewerbsvorteil, zumal sie dieses Wissen über Zukäufe von kleineren Unternehmensberatungen noch weiter ausbauen. PwC etwa kaufte vor zwei Jahren mit Strategy & (früher: Booz & Company) sogar direkt einen unmittelbaren Konkurrenten von McKinsey & Co ein. Und auch die rasante Umsatzentwicklung der Consultingsparten der Big Four legen nahe, dass die Strategie der Wirtschaftsprüfer, stärker im Beratungssegment Fuß zu fassen, tatsächlich aufgehen könnte. Mittlerweile, so vermutet das Finance Magazin, könnte PwC Bain vom Umsatz her sogar überholt haben. Einen Beleg dafür gibt es jedoch nicht – denn die Beratungshäuser veröffentlichen schon seit Jahren keine Umsatzzahlen mehr.

Quelle:finance-magazin.de, 27. Oktober 2016