Consulting für Betriebsräte

Jobabbau ruft immer den Betriebsrat auf den Plan – und der holt sich dann oft Rat bei Unternehmensberatungen. Mittlerweile hat sich ein kleiner, aber feiner Markt entwickelt, schreibt die FAZ.

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Der Industriekonzern ThyssenKrupp, die insolvente Fluggesellschaft Air Berlin und der Chemie- und Pharmariese Merck haben eines gemeinsam: Bei ihnen standen Arbeitsplätze auf dem Spiel, die die Betriebsräte nicht kampflos verloren geben wollten. Bei allen drei heuerten die Arbeitnehmervertreter Unternehmensberatungen an. Bei Merck wendete die Dresdner Beratung Kemper & Schlomski einst die Schließung des profitablen Werks in Lehrte ab und das Essener Beratungshaus PCG Project Consult berät aktuell einen der Gesamtbetriebsräte von ThyssenKrupp und betreibt zugleich die Transfergesellschaft bei der ehemaligen Air Berlin, die rund 1.800 Mitarbeiter des Boden- und Technikpersonals binnen zwölf Monaten in neue Stellen vermitteln soll.

Rund um das Consulting von Betriebsräten hat sich mittlerweile ein kleiner, eigener Markt entwickelt. Er unterscheidet sich deutlich vom schillernden Geschäft der großen Strategieberatungen und ist vor allem für Consultants interessant, die Arbeitnehmerinteressen im Blick haben statt Stellenstreichungspläne von Konzernleitungen. Dieser Markt gilt als klein und zersplittert, Schätzungen zufolge arbeiten in diesem Feld rund 1.000 Betriebsrats-Berater mit 200 verschiedenen Beratungsgesellschaften, zitiert die FAZ eine Schätzung von Klaus Kost, dem Vorstand des Bundesverbands Arbeitsorientierter Beratung. In diesem Bundesverband hat sich ein Teil der Betriebsrat-Berater zusammengeschlossen.

Neben vielen Einzelkämpfern tummeln sich in diesem Beratungssegment auch ein Dutzend Häuser wie die Essener PCG Project Consult mit über 30 Mitarbeitern. Während ein McKinsey-Berater im Schnitt am Tag 3.500 Euro kostet, sprechen Betriebs-Berater wie Klaus Kost oder Thomas Schlomski von maximal 2.000 Euro als Tagessatz. Viele Einzelberater bekommen deutlich weniger, maximal seien bei einem Auftrag 25 Tagessätze oder 50.000 Euro als Beratungshonorar drin. Mit diesen  Miniaufträgen liegen sie deutlich unter der Wahrnehmungsschwelle der großen Strategieberater wie McKinsey, Bain, BCG oder Roland Berger.

Entstanden ist dieser Markt in den 80er Jahren während der Werftenkrise und des Umbaus des Ruhrgebiets. Die Idee dahinter war eine politische Forderung: Was können wir neu aufbauen, wenn etwas wegbricht? Mit der Wende, als Tausende von Jobs auf dem Spiel standen, erlebte dieses Beratungsfeld einen deutlichen Schub. Heute, so schreibt die FAZ, „geht es nicht immer um die große Konfrontation gegen das Management: Bisweilen lassen Unternehmer ihre Betriebsräte auch einfach gewähren“. 

Quellen: FAZ, 31. Dezember 2018, Printausgabe Seite 26