Kerkhoff: Eine App soll das Feilschen im Einkauf ersetzen

Mit einer Business App, Big Data- und Prozess-Analysen will der Düsseldorfer Berater Gerd Kerkhoff Unternehmen helfen, im Einkauf viel Geld zu sparen, schreibt das Handelsblatt.

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Die Zeiten des Feilschens sind vorbei – das sagt ausgerechnet der Mann, der als Einkaufsberater Unternehmen viele Jahre lang dazu aufrief, auch noch das letzte Quäntchen an Marge herauszuholen.

Gerd Kerkhoff, in Einkäuferkreisen bekannt als „Sparfuchs der Nation“ sorgte bereits 2004 mit seinem Buch „Milliardengrab Einkauf“ in der Szene für Aufruhr. Jetzt will der Düsseldorf Unternehmensberater wieder eine Revolution in der Beschaffung von Waren und Dienstleistungen anzetteln – diesmal mit einer Business App, die zum Standardangebot der SAP-Welt avancieren soll.

Gerd Kerkhoff setzt dabei vor allem auf Big Data. „Wir kennen den richtigen Preis“, sagt der Chef der Kerkhoff Group, die über viele Jahre zahllose Datensätze rund um das Thema gehortet und digitalisiert hat.

Gemeinsam mit dem Ratinger Unternehmen All for one Steeb – laut Handelsblatt Nummer eins im deutschsprachigen SAP-Markt – hat Kerkhoff in den vergangenen zwei Jahren viel Geld in die Softwareentwicklung investiert. Offenbar mit Erfolg: SAP selbst setzte die neue Anwendung bereits bei einem Wettbewerb auf Rang zwei der Business-Apps.

Pro Nutzer soll die Innovation zwischen 100 und 200 Euro Erlöse im Monat einspielen. Anfang Juli loungten die beiden Partner eine Beta-Version und im September soll die App dann richtig an den Start gehen. Kerkhoffs Versprechen: Das neue Tool ermittelt den Preis für ein Produkt, den ein Einkäufer tatsächlich zahlen sollte. Die App hat Unternehmen und Dienstleistungen in 744 Regionen und 24 Sektoren erfasst, nicht nur Produkte, sondern auch den Aufwand für einzelne Produkte und Komponenten sowie das ganze Innenleben von Waren. Erste Kunden arbeiteten schon damit. Etwa der Dax-Immobilienkonzern Vonovia.

Das Prinzip, das die App am Ende zu einem wirklich praxistauglichen Beschaffungstool macht, erinnert an die Vorgehensweise des Automobilmanagers José Ignacio López de Arriortúa , der in den Achtzigerjahren die Preise in der Zuliefererindustrie der Autokonzerne um große Summen drückte, indem er sie mit seinen Beratertruppen bei der Optimierung ihrer Prozesse begleitete.

Und so sezieren in der „Werkstatt“ von Kerkhoff Techniker des Hauses für Vonovia gerade das Produkt „Fenster“e. Das Konzept: Lieferanten und Einkäufer sollen gemeinsam Fragen untersuchen wie: „Wie teuer sind die einzelnen Teile? Was hat der Hersteller für Materialen gezahlt? Und was ist am Ende dann der richtige Preis?“

Auf diese Art und Weise hat Kerkhoff-Kunde Vonovia durch bessere Prozess- und Kostenkontrolle eine Ersparnis im deutlich zweistelligen Prozentbereich für sich verbuchen können. Vonovia-Vorstand Klaus Freiberg lobt daher auch die „äußerst positive Zusammenarbeit“ mit Kerkhoff.

Die Kerkhoff Group selbst durchlebte in den vergangenen Jahren indes eher schwierigere Zeiten. 2010 setzte die Beratung mit 215 Mitarbeitern noch 33 Millionen Euro um. Aktuell liegt der Jahresumsatz bei 25 Millionen Euro, die 100 Mitarbeiter in acht Ländern erwirtschaften. Gerd Kerkhoff erklärt den Rückgang mit dem Wegfall des eigenen „Global Sourcing“, er schloss seine Niederlassungen in China, Indien und Malaysia, weil sich die Unternehmenskunden dort um ihre Beschaffung lieber selbst kümmern wollten.

Quelle: Handelsblatt, 3. August 2017, Printausgabe Seite 44