Bildnachweis: iStock

So viele Gehalts-Goodies sind drin

Anders als im angelsächsischen Raum spricht man hierzulande immer noch nur ungern übers liebe Geld. Doch wer sich für seine Arbeit wirklich gut bezahlt fühlen will, muss die Initiative ergreifen und das Gespräch mit dem Chef suchen. Jobguide-Gehaltsexpertin Ulrike Heitze erklärt, wie man sich richtig auf eine Gehaltsverhandlung vorbereitet und sie erfolgreich über die Bühne bringt.

Wie wichtig sind Gehaltsverhandlungen?

Sehr. Vergütungsexperten sind sich einig, dass für qualifizierte Positionen Tarifverträge immer weiter an Bedeutung verlieren und bald jeder nur noch das verdient, was er sich selbst eingehandelt hat. Mittlerweile ist es in vielen Unternehmen Usus, für Fach- wie für Führungskräfte Ziel- und Bonusvereinbarungen zu schließen und Jahresgespräche zu führen. In dem Zusammenhang wird dann ohnehin regelmäßig über Leistung und Gehalt gesprochen.
Und schon aus Karrieregründen sollte man das Thema gelegentlich beim Chef aufs Tapet bringen, denn die Diskussion übers Gehalt ist ein Teil der Selbstvermarktung und gehört mit zum Job. Die Wertigkeit eines Mitarbeiters wird nach wie vor wenig charmant in Geld bemessen: Wer wenig verdient, ist weniger angesehen. Wer nie Ansprüche anmeldet, wird auch nie in seinem Wert wahrgenommen. Deshalb dienen Gehaltsgespräche nicht nur dem finanziellen Weiterkommen, sondern auch der Imagebildung – und sollten entsprechend professionell angegangen werden.

Wonach bemisst sich das Gehalt?

Das Gehaltsniveau in Unternehmen ist hierzulande stark beeinflusst von drei Faktoren: der Unternehmensgröße, der Region und der Branche. Schwanken die Gehälter in vergleichbaren Positionen ohnehin schon um bis zu 20 Prozent – je nachdem zum Beispiel, wie man sich im Gehaltsgespräch geschlagen hat –, so werden sie durch diese Kriterien noch mal kräftig auseinander gezogen.

Am stärksten schlägt dabei die Unternehmensgröße durch: je größer, desto besser wird verdient. Das liegt zum einen daran, dass große Unternehmen mehr Hierarchiestufen haben, zum anderen, weil die Teams und damit die Personalverantwortung größer sind. Das Gehaltsportal gehalt.de hat errechnet, dass in großen Fimen im Schnitt 56 Prozent mehr verdient wird als in kleinen Betrieben. So bekommt zum Beispiel ein Abteilungsleiter in einer Firma mit weniger als 100 Angestellten im Schnitt 60.100 Euro. Im Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern wären es gut 98.500 Euro – eine Differenz von 64 Prozent.

Allein schon dieser Umstand ist Grund genug, bei jeder einzelnen Bewerbung den Gehaltswunsch zu überdenken und entsprechend dem potenziellen Arbeitgeber neu zu recherchieren. Fatal wäre es, immer mit den gleichen Forderungen ins Gespräch zu gehen.

Wie schlägt sich die Region nieder?

Im europäischen Vergleich zwar eher moderat ausgeprägt, ist das regionale Gefälle bei den Einkommen in Deutschland aber dennoch ein Faktor, den man bei Gehaltsgesprächen im Hinterkopf haben sollte. Denn: Wer sich bei einem Wechsel „vom Land“ in eine Hochpreisstadt wie München, Hamburg oder Frankfurt zu billig einkaufen lässt, kriegt später Probleme mit der Finanzierung seines Alltags. Grundsätzlich gilt: Im Süden wird besser bezahlt als im Norden, im Westen besser als im Osten und in der Stadt mehr als auf dem platten Land. Das Personalberatungsunternehmen Robert Half hat zum Beispiel für Jobs im Finanz- und Rechnungswesen ermittelt, dass man in Frankfurt/Main 16 Prozentpunkte mehr verdient als im Bundesdurchschnitt. Auch in München und Stuttgart liegt man mit 109 und 108 Prozent noch gut über dem Durchschnitt, während man zum Beispiel in Berlin und Essen nur auf 87 und 86 Prozent des bundesdurchschnittlichen Gehalts kommt.

Wie stark die regionalen Unterschiede jeweils ausgeprägt sind, hängt von der Branche ab, aber die Tendenz ist überall in etwa gleich: Zu den Bestzahler-Gegenden gehören über alle Branchen hinweg München, das Rhein-Main-Gebiet um Frankfurt und die Region Köln-Düsseldorf. Hier gibt es zehn bis zwanzig Prozent mehr als im Bundesschnitt. Ebenfalls noch leicht überdurchschnittlich zahlen Unternehmen in Stuttgart und Hamburg.

Im Ruhrgebiet und einigen anderen Weststädten wird es schon leicht unterdurchschnittlich. In der deutschen Bundeshauptstadt gibt es rund fünf Prozent unterm Schnitt. Deutliche Abstriche müssen Arbeitnehmer auch im restlichen Ostdeutschland hinnehmen: Sie verdienen trotz Großstadtbonus in Dresden, Frankfurt/Oder, Leipzig und Halle gut 15 bis 25 Prozent weniger als der Bundesschnitt.

Welchen Einfluss hat die Wahl der Branche?

Neben der Firmengröße und der Region spielt die Branche bei der Einkommenshöhe eine entscheidende Rolle. Zum einen, weil es den Wirtschaftszweigen unterschiedlich gut geht, zum anderen, weil sie sich historisch bedingt unterschiedliche Gehaltsniveaus leisten.

Ein Beispiel: Nach Erhebungen der VDI-Nachrichten kann ein Ingenieur als Einsteiger im Fahrzeugbau mit rund 49.000 Euro rechnen. Für die gleiche Position wären im Baugewerbe 42.000 Euro zu bekommen. Zu den Gutbezahler-Branchen mit überdurchschnittlichen Gehältern zählen traditionell: Banken und Finanzdienstleister, Pharma-, Chemie- und Biotechindustrie, Medizintechnik, Automobil, Luftfahrt- und Halbleiterindustrie, IT und Elektrotechnik, Anlagen- und Maschinenbau, Kosmetik und Konsumgüter, Unternehmensberatung,
Energieunternehmen und Versicherer. Im guten Mittelfeld liegen Medien und Presse, Bekleidung, Textil und Handel, Teile der Bauwirtschaft sowie die Telekommunikation.

Chronisch schwach auf der Brust sind die Gehälter in Werbung und PR, Logistik, Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung (sofern man nicht gerade bei den Großen der Branche landet), Personalberatung, öffentlichem Dienst, Touristik, Recht sowie Zeitarbeit, Handwerk, Gastronomie und Hotellerie. Grundsätzlich schlagen sich die Branchenunterschiede stärker in den Gehältern sehr spezialisierter Positionen wie im Vertrieb, in Forschung und Entwicklung oder in der Konstruktion nieder. Branchenübergreifende Funktionen wie Personaler sind weniger stark betroffen. Da orientieren sich Unternehmen nicht so stark an der eigenen Branche,sondern am Gesamtarbeitsmarkt.

Ingenieure auf Stellensuche treffen es in Sachen Gehalt derzeit im Bereich Chemie und Pharmazie am Besten. Dort verdient nach einer Studie der VDI-Nachrichten ein Ingenieur mit zwei Jahren Berufserfahrung im Schnitt rund 76.000 Euro. Auf den weiteren Plätzen der Vergütungshitliste folgen Fahrzeugbau mit 66.000 sowie der Maschinen- und Anlagenbau und die IT mit jeweils etwa 62.000 Euro. Schlusslichter bei der Vergütung der Ingenieure bleiben wie bisher das Baugewerbe und die Ingenieur- und Planungsbüros mit 51.000 beziehungsweise 50.000 Euro.

Unterscheiden sich Gehälter von Fach- und Führungskräften?

Führungskräfte verdienen mehr. Während Fachkräfte in Deutschland vielfach noch nach Tarifgruppen bezahlt werden und es je nach Leistung und Position außertarifliche Zulagen wie Jahresprämien gibt, werden Führungskräfte meist gleich außertariflich bezahlt. Mindestens zehn bis 15 Prozent mehr gibt es für Leute, die Mitarbeiter zu führen haben. So erhält nach einer Studie der VDI-Nachrichten ein Projektingenieur bei einem Energieversorger im Schnitt 51.600 Euro, als Manager des Projektes sind dagegen 62.400 Euro drin, als Gruppen- oder Teamleiter 65.300 Euro und schließlich als Abteilungsleiter 73.200 Euro. Denn mit der Zahl der Schäflein steigt auch der Zuschlag. In einer Fachlaufbahn dagegen kommt man über das Gehalt eines Gruppenleiters selten hinaus, wie die Vergütungsberatung Kienbaum feststellt. Allerdings ermöglichen immer mehr Unternehmen ähnlich hoch dotierte Spezialistenkarrieren.

Warum verdienen Frauen weniger?

Wenn man ganz bösartig sein will: weil sie selber schuld sind. Personaler berichten, dass Frauen sich für den gleichen Job oft zehn bis 15 Prozent billiger einkaufen lassen als Männer, eine McKinsey-Studie hat sogar mal 20 Prozent ermittelt. Das fängt schon beim Berufseinstieg an: Gehen Absolventinnen im Schnitt von einem Monatsbrutto von 2.800 Euro aus, gehen die Kommilitonen mit 3.460 Euro vor Augen ins Rennen. Und auch später in Gehaltsverhandlungen mit dem Chef sind Frauen schneller zufrieden als Männer, wie Studien und Berichte von Personalverantwortlichen zeigen.

Aber natürlich ist das nur eine Seite der Wahrheit. Fakt ist auch, dass Frauen durch Babypausen oder Teilzeitjobs wertvolle Karrierezeit „verlieren“ und in dieser Zeit diverse Gehalts- und Beförderungsrunden aussetzen. Darüber hinaus begeistern sie sich öfter für schlechter bezahlte Branchen und Berufsbilder oder landen in kleineren Firmen.

Das alles erklärt gewisse Gehaltsungerechtigkeiten dennoch nicht. So ermittelte die Managementberatung Kienbaum nach wie vor eine bereinigte Gehaltslücke – es wurden 8.000 vergleichbare Positionen in vergleichbaren Unternehmen analysiert – von immerhin fünf Prozent. Tröstlich: Je höher der Job in der Hierarchie angesiedelt war, desto geringer fielen die Gehaltsunterschiede aus. Und insgesamt erkennt Kienbaum über die Jahre hinweg einen Trend zur Besserung. Umso wichtiger gerade für Frauen, immer wieder Gehaltsverhandlungen zu führen.

Um welche Beträge geht es im Jobgespräch?

In der Regel wird über Jahresgehälter verhandelt, manche Unternehmen rechnen Weihnachts- und Urlaubsgeld in diese Summe ein, andere nicht. Die exakte Zusammensetzung sollte man daher vor Vertragsunterschrift unbedingt klären, weil ein Missverständnis leicht ein paar Tausend Euro pro Jahr kostet. Ebenso zu vereinbaren: Gibt es leistungsabhängige Boni? Welche Leistung wird dafür erwartet? Erscheint sie Ihnen realistisch und annähernd erfüllbar? Gibt es Altersvorsorge, Jobticket, Kantinenzuschuss oder ähnliches?

Welche Rolle spielen variable Gehälter?

Seit einigen Jahren auf dem Vormarsch ist die variable Vergütung. Waren es früher nur leitende Angestellte, die erfolgsabhängige Boni oder Prämien bekamen, hat sich dieser Vergütungsbaustein auch bei Fachkräften mittlerweile etabliert. Eine Kienbaum-Studie ergab, das aktuell 95 Prozent der Geschäftsführer, 84 Prozent der Manager und auch 68 Prozent der Spezialisten teilweise variabel – also geknüpft an berufliche Erfolge – bezahlt werden. Allerdings fallen die Anteile sehr unterschiedlich aus: Während bei einem Geschäftsführer fast ein Drittel des Einkommens nicht fix ist, sind es bei Führungskräften 22 Prozent des Verdienstes. Bei Spezialisten machen Boni & Co rund ein Zehntel des Gesamtpakets aus. In einigen Funktionen, wie Marketing oder Vertrieb, können es aber auch mehr sein.

Grundsätzlich gilt: Im ersten Berufsjahr fallen variable Gehaltsbestandteile wie Prämien oder Bonuszahlungen noch eher gering aus, außer möglicherweise bei Marketing- und Vertriebsjobs. Aber ab dem zweiten Jahr etablieren sich immer mehr varia­ble Vergütungsbestandteile, die nur bei Erreichen einer bestimmten individuellen Leistung oder einem geplanten Erfolg des Unternehmens gezahlt werden.

Leider neigt so manch geiziger Chef dazu, die Trauben so hoch zu hängen, dass es unmöglich ist, die volle Prämie zu bekommen. Hier sollte man – sofern machbar – frühzeitig gegensteuern und auf Ziele pochen, die mit ein bisschen Anstrengung (die darf der Chef schon verlangen) auch zu schaffen sind. Clever sind Teilziele: Wer zum Beispiel 50 Prozent der Anforderung geschafft hat, erhält 50 Prozent der Prämie etc. Um sich bei der Zielerfüllung nicht allzu sehr zu verzetteln, sollte man nicht mehr als etwa fünf Ziele vereinbaren.

Weil die jüngere Mitarbeiter-Generation aber nicht so besonders scharf auf variable Vergütungen ist, hat das Boni-Tempo etwas nachgelassen. Mitarbeiter pochen wieder deutlich öfter aufs Festgehalt und verzichten dafür auf hohe Boni. Und viele Unternehmen kommen diesen Wünschen auch verstärkt nach. Zudem stellen einige Firmen ihre Bonus-Systeme komplett um und gewähren Extras nun eher für langfristige Erfolge und über längere Zeitperioden hinweg.

Was kann ein Jobwechsel bringen?

In der Vergangenheit war es normal, dass man sich beim Jobwechsel auch finanziell deutlich verbesserte. Das ist spätestens seit der Wirtschaftskrise nicht immer und überall durchsetzbar. So hat in manchen Branchen wie etwa bei den Banken und im Fahrzeug- und Maschinenbau zwischenzeitlich mal eine mehr oder weniger große „Gehaltskorrektur“ bei den Neueinstellungen getobt, die die Unternehmen nun in unterschiedlichem Tempo aufholen. Falls jemand also in einer absoluten Hochphase mit einem Spitzengehalt in seinem alten Unternehmen eingestiegen ist, kann es möglich sein, dass er im neuen Job nicht oder nur schwer auf gleichem Niveau anknüpfen kann. Eine gute Vorrecherche zum aktuellen Gehaltsniveau in der angepeilten Branche ist da hilfreich. Manche Branchen sind auch so stark im Wandel begriffen – etwa durch technologische oder strukturelle Entwicklungen –, dass es vor allem von der Passgenauigkeit des Bewerbers abhängt, wie viel für eine neue Stelle drin ist.

Je spezialisierter die ausgeschriebene Stelle und je seltener und stimmiger der Bewerber, desto größer die Chancen auf das lange Ende der Wurst. Deshalb: Argumentieren Sie mit dem speziellen Mehrwert, den Sie durch Ihre einschlägige Berufserfahrung für genau diesen einen Job mitbringen!
Unterm Strich lässt sich feststellen, dass die Zeiten für eine finanzielle Verbesserung bei einem Jobwechsel derzeit besser stehen als noch vor einigenJahren. Gut ausgebildete Fach- und Führungskräfte sind fast überall gefragt – und das schlägt sich natürlich auch in den Gehaltsofferten nieder. Ein Personalexperte der VDI nachrichten hielt 20 Prozent mehr Gehalt für durchaus realistisch, wenn die neue Stelle auch einen Karriereschritt beinhaltet.

Muss der Gehaltswunsch in die Bewerbung?

Fordert eine Stellenanzeige einen Gehaltswunsch, wäre es dumm, die Bitte zu ignorieren. Formulieren Sie kurz und bündig wie etwa „Ich möchte rund xy Euro verdienen“ oder „Mein Gehaltswunsch liegt bei etwa xy Euro, wobei ich diesen Betrag vom Aufgabenumfeld abhängig mache.“ Natürlich kann man sich auch über den Wunsch hinweg setzen, muss aber damit rechnen, dass das den Personaler verärgert und man sich rauskegelt, bevor es richtig losgeht. Ist man der heiß begehrte Kandidat schlechthin, wird der Personaler darüber hinweg sehen, aber in engen Jobmärkten macht man sich damit nur selbst das Leben schwer. Viele Personalabteilungen telefonieren bei interessanten Bewerbern dem noch offenen Gehaltswunsch nach. Ergo hat man durchs Weglassen nichts gewonnen, außer dass der Personaler mehr Arbeit hat. Überflüssig.

Was, wenn der Personaler nach dem Gehaltswunsch fragt?

Farbe bekennen und eine Summe nennen. Bevor Sie aber eine Zahl in den Ring werfen, sollten Sie sorgfältig recherchieren, wie die Branche zahlt, wie solch eine Position vergütet wird und wie es der Firma geht. Zapfen Sie möglichst viele Quellen an. Die Infos brauchen Sie auch, um ein Angebot der Firma einschätzen und Einwände des Personalers gegen Ihre Zahlen parieren zu können. Wichtig: Wischiwaschi-Wünsche – „Irgendetwas zwischen 35.000 und 50.000 Euro“ – oder klein kariertes Feilschen um den letzten Euro kommen ganz schlecht an.

Wann geht's im Bewerbungsgespräch ums Gehalt?

Wurde bis zum Ende des ersten Treffens das Gehalt von Seiten des Unternehmens noch nicht angesprochen, bringen Sie es aufs Tapet, ohne es groß auszuwalzen oder gar eine Zahl in den Raum zu werfen. Ein neutrales „Ich nehme an, die vertraglichen Konditionen werden wir in unserem zweiten Termin besprechen“ reicht. Ziel des Ganzen ist lediglich, dem Personaler zu signalisieren, dass man dem Thema die nötige Wichtigkeit beimisst. Richtig verhandelt wird in der Regel erst beim zweiten Termin. Bis dahin soll sich das Unternehmen erst mal so richtig in Sie verlieben und Sie unbedingt haben wollen. Das bessert Ihre Chance auf ein brauchbares Einstiegsgehalt.

Darf ich schummeln, wenn der Personaler nach meinem früheren Gehalt fragt?

Mit einer hübsch hohen Hausnummer ins Gehaltsgespräch zu gehen, erleichtert einem natürlich das Pokern um ein interessantes Einstiegsgehalt. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der Personaler es spitz kriegt, wenn man bei den früheren Bezügen ordentlich übertreibt. Die Unternehmen wissen in der Regel zumindest grob, was die Konkurrenz so zahlt. Und spätestens beim Jobantritt, wenn die Personalabteilung die Steuer- und Sozialversicherungsdaten erhält, werden allzu große Flunkereien auffallen. Lügen haben dann mitunter verdammt kurze Beine. Das macht keinen guten Eindruck während der Probezeit.

Zum Glück ist der Gehaltsbegriff aber ein bisschen dehnbar, denn neben Grundgehalt und Boni etc. werden oft ja auch noch Altersvorsorge, Vermögenswirksame Leistungen, Kindergartenbeiträge oder Tankgutscheine gezahlt. Solche Sachleistungen machen nach einer Studie der Personalmanagement-Beratung Aon Hewitt mittlerweile im Schnitt deutlich mehr als zehn Prozent der Gesamtvergütung bei Fachkräften aus. Im weitesten Sinne könnte man diesen Gegenwert mit gutem Gewissen auch noch einbeziehen, wenn der Personaler nach dem alten Gehalt fragt. Dann wäre man nicht kompromittiert, wenn später mal nachgefragt wird. Ergo: Ein bisschen hochstapeln funktioniert, aber man darf es nicht überreizen.

Alternativ kann man auch versuchen, – nett verpackt – die Aussage zu verweigern. Wer beispielsweise mit der neuen Stelle aufsteigen würde, die Branche oder die Unternehmensgröße wechselt, kann mit Fug und Recht argumentieren, dass die Positionen nicht vergleichbar sind. Wer sein altes Gehalt angibt, sollte keinen Zweifel daran lassen, dass er sich mit der neuen Stelle auch finanziell verbessern möchte.

Wieviel Verhandlungsspielraum haben Berufseinsteiger?

Die Verhandlungsposition eines Kandidaten bestimmt sich auch im Bewerbungsgespräch nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage: Wer mit seinem Spezialwissen auf eine ganz bestimmte Stelle wie angegossen passt, hat bessere Karten als ein durchschnittlich ausgebildeter Mitbewerber und kann bei seinem Einkommenswunsch ein bisschen kräftiger zulangen.

Grundsätzlich haben Unternehmen aber ziemlich genaue Vorstellungen, innerhalb welcher finanziellen Bandbreiten sie sich bei einer Position bewegen können, ohne sich ihr internes Gehaltsgefüge zu zerschießen. Doch ob grünes Licht schon am oberen Ende der Bandbreite gegeben wird oder der Bewerber billig eingekauft wird, hängt von dessen Passgenauigkeit ab. Und natürlich von seinem Geschick, seine Vorzüge entsprechend rüberzubringen.

Was bei Personalern zieht, sind Alleinstellungsmerkmale, Spezialistentum. Gute Noten, Praktika und Auslandserfahrung bringen mittlerweile viele Bewerber mit. Das entscheidende I-Tüpfelchen sind Themen und Know-how, mit denen das Unternehmen etwas anfangen kann. Wer „nur“ ein Durchschnittsstudium mitbringt, muss noch deutlicher an seinen I-Tüpfelchen feilen, wenn er ernsthaft ein Spitzengehalt fordern möchte.

Mit der Erfahrung wächst das Einkommen zügig. Verdient ein IT-Consultant laut einer Erhebung der Personalvermittlung Robert Half während der ersten beiden Jahre im Job zwischen 40.500 und 47.500 Euro, werden daraus in den Jahren drei bis fünf 47.000 bis 62.250 Euro. Sechs bis neun Jahre Berufserfahrung werden mit bi szu 85.000 Euro honoriert.

Gibt's für 'nen Masterabschluss mehr?

Tatsächlich haben Master-Absolventen gegenüber den Bachelor-Kollegen nach wie vor leicht die Nase vorn. Im Schnitt rund zehn bis 15 Prozent. So ermittelte das Vergütungsportal gehalt.de zum Beispiel für Elektrotechnik-Ingenieure Einstiegsgehälter von durchschnittlich 47.200 Euro mit einem Bachelor-Abschluss und 51.500 Euro mit einem Master-Abschluss. Auch die Personalberatung Kienbaum kommt in ihren Berechnungen auf ein ähnliches Verhältnis: Während ein Bachelor-Absolvent im Schnitt mit 43.100 Euro startet, werden einem Master-Kollegen schon 46.300 Euro geboten.

Fairerweise muss man aber bedenken, dass Bachelor-Absolventen früher in den Beruf gehen und deshalb auch schon früher verdienen. Nach wie vor mehr Gehalt – einige Tausend im Jahr – gibt es für einen Doktortitel, sofern er im Job Vorteile bringt (Managementpositionen) und nicht ohnehin essenziell für den Beruf ist (Chemiker oder Ärzte). Kienbaum nennt für promovierte Absolventen ein Durchschnittssalär von 60.500 Euro.

Wie stark darf ich eigentlich pokern?

Um beim Zielgehalt herauszukommen, ist es normal, dass man zu Beginn noch ein Quäntchen drauflegt, um sich herunterhandeln zu lassen. Wer aber mehr als 20 Prozent über dem realistischen Wert ansetzt, kegelt sich aus dem Rennen. Und: In für ein Unternehmen schwierigen Zeiten empfiehlt sich exzessives Feilschen nur, wenn man auf die Stelle wie die Faust aufs Auge passt und das entsprechend rüberbringen kann. Eine Vorrecherche zur Lage der Firma ist also sehr sinnvoll. Geht es dem Unternehmen blendend, dürfte man etwas entspannter verhandeln können. Aber: Ein gutes Gehalt rückt eine Firma nicht allein deshalb raus, weil die Auftragsbücher voll sind oder der „War of Talents“ immer stärker tobt. Ein Kandidat muss schon glaubhaft verkaufen können, dass er eine gute Investition ist. Deshalb: Wer anspruchsvolle Forderungen stellt – realistisch müssen sie so oder so sein –, braucht gute Argumente. Punkten können Sie mit Spezialkenntnissen oder -fähigkeiten, die für den diskutierten Job gebraucht werden: je passgenauer, desto wertvoller.